Klavierlehrer Titisee-Neustadt

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Hommage • Vom Geist der Zeit zur Zeit des Geistes



Pianist Martin H. Steinkrüger

Pianist Martin H. Steinkrüger
Portraitplastik des Bauhauskünstlers Hans Haffenrichter


Grabstein Komponist Arnold Schoenberg

Grabstein des Komponisten Arnold Schoenberg
Wiener Zentralfriedhof



Durch Wunderkraft erscheint allhier zur Schau,
Massiv genug, ein alter Tempelbau.
Dem Atlas gleich, der einst den Himmel trug,
Stehn reihenweis der Säulen hier genug...

Und nun erkennt ein Geister-Meister-Stück!
So wie sie wandeln, machen sie Musik.
Aus luftigen Tönen quillt ein Weißnichtwie,
Indem sie ziehn, wird alles Melodie.
Der Säulenschaft, auch die Triglyhe klingt,
Ich glaube gar, der ganze Tempel singt.

Goethe, Faust II


Im Jahr 1752 wurde in Süditalien Paestum, eine Anlage mit drei dorischen Tempeln aus archaischer und klassischer Zeit der Griechischen Antike wiederentdeckt. Goethe konnte die Ruinen auf seiner Italienreise 1787 besichtigen. Auf den ersten Eindruck erschienen ihm die »stumpfen, kegelförmigen, enggedrängten Säulenmassen lästig, ja furchtbar«. Schnell aber erwachte das innere Auge: »ich vergegenwärtigte mir den strengen Stil der Plastik, und in weniger als einer Stunde fühlte ich mich befreundet, ja ich pries den Genius, dass er mich diese so wohl erhaltenen Reste mit Augen sehen ließ, da sich von ihnen durch Abbildung kein Begriff geben lässt.«

Heratempel in Paestum

Der Heratempel in Paestum, 1859 gemalt von Leo von Klenze.


Vielleicht können wir uns in die Statik dorischer Säulen musikalisch ein wenig hineindenken. Die dorische Skala der Griechen (nicht zu verwechseln mit der Kirchentonart Gregorianischer Messgesänge auf dem Grundton d) hatte die zielstrebig abwärtsführende Tonfolge

  e-d-c-h / a-g-f-e

Diese Tonskala schließt in beiden Tetrachorden mit einem Halbschritt, was ihr Festigkeit und eine gwisse Schwere verleiht! Spiele sie dir in Ruhe auf dem Klavier vor! Gelingt es in einer etwas meditativen Haltung, so wird der dorische Geist vor 2.500 Jahren klingende Gegenwart. Da wäre also im Hinblick auf die Säulen eine gewisse Entsprechung zur Musik. Goethe leitete von 1791 bis 1817 das Weimarer Hoftheater. Mozarts ›Zauberflöte‹ wurde in dieser Zeit 82 mal aufgeführt. Goethe selbst zeichnete ein Bühnenbild mit vier Säulen, koloriert mit Aquarellfarben. Der Tempelbau ging ihm wohl nicht mehr aus dem Sinn. In Faust II führt er uns einen Tempel mit beweglichen Säulen vor Augen. Ein »Geister-Meister-Stück«, in welchem jegliche Last offenbar überwunden scheint. Zugleich ein Sinnbild für musikalische Architektur.

Dem übermächtigen äußeren Eindruck folgte in Goethes Geist schnell ein inneres Bild, das zudem den Keim der geistigen Entwicklung in sich trug! Will man es verstehen, so folge man nicht dem Geist der Zeit, sondern der Zeit des Geistes, der den Geist der Zeit stes hinter sich läßt.



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